Adriana Popescu – Unsere Zukunft flirrt am Horizont (Rezension)

Inhalt

Lia, Simon und Marcin treffen in einem Seniorenheim aufeinander – aber nicht etwa als Pflegebedürftige, sondern als Jugendliche, die in der Einrichtung Sozialstunden ableisten müssen. Alle verspüren auf den ersten Blick eine besondere Abneigung gegeneinander – Lia und Simon kannten sich vorher sogar bereits flüchtig – und begegnen einander mit Misstrauen. Welchen Mist haben sie gebaut, dass sie zu dem Dienst verurteilt wurden? Insbesondere Marcin hält sich diesbezüglich den anderen gegenüber sehr bedeckt und tarnt sich hinter einer coolen Fassade, aber auch Lia und Simon sind sehr bedacht darauf, ihre Geheimnisse zu schützen.

Nach und nach merken die drei dann aber doch, dass sie einiges gemeinsam haben und keineswegs alles so ist, wie es zunächst scheinen mag – und lernen einander schließlich doch noch von ganz anderen Seiten kennen …

Meine Meinung

Adriana Popescu ist eine meiner Lieblingsautorinnen und ich hatte mich – wie immer – sehr auf ihr neuestes Werk gefreut, diesmal wieder ein Jugendbuch. Und einmal mehr wurde ich nicht enttäuscht: Der Schreibstil ist gewohnt packend und berührend, ganz dicht dran an den Protagonist*innen und voller Gefühl, aber niemals überladen oder gar kitschig.

Die Geschichte wird abwechselnd aus der Perspektive der drei Jugendlichen erzählt, sodass wir Leser*innen den beiden jeweils anderen gegenüber immer einen Wissensvorsprung haben. Und doch gelingt es der Autorin, in jeder einzelnen (Lebens-)Geschichte Spannung aufrechtzuerhalten und trotz der Ich-Perspektiven nicht von vorneherein alles zu verraten. Sicher, im Hinterkopf ahnt man schon ziemlich früh, was die drei schon hinter sich haben und womit sie aktuell hadern. Den einen oder anderen kleinen Twist in der Story gibt es aber dennoch.

Wohl unvermeidlich ist dabei natürlich auch eine Liebesgeschichte, die sich hier aber nur zart andeutet und keinesfalls überstrapaziert oder in allen Details ausgeschlachtet wird. In der Form hat es mir deshalb sehr gefallen – trotzdem bin ich nach wie vor für jedes Jugendbuch dankbar, dass auch mal ohne dieses Thema auskommt. 😉

Adriana Popescus Protagonist*innen haben ernste Probleme – hiermit seien Content-Warnungen für die Themen Essstörungen, häusliche Gewalt, Vernachlässigung von Kindern und Alkoholmissbrauch ausgesprochen (die zum Glück auch im Buch selbst zu finden sind). Und dennoch schafft sie es immer wieder, ihre Figuren nicht vor ihrem Schicksal kapitulieren zu lassen, sondern ihnen Hoffnung und Mut einzuflößen und damit auch uns Lesenden zu vermitteln.

Sind die Hauptfiguren also durchaus vielschichtig geraten, konnte ich nicht so viel mit der einen oder anderen Nebenfigur anfangen. Lias Mutter oder auch Simons besten Freund Richard fand ich etwas zu klischeehaft geraten. Insbesondere bei Richard hätte ich mir auch den einen oder anderen Bruch, einen Erklärungsansatz für sein Verhalten oder zumindest eine kleine Einsicht am Schluss gewünscht. Aber letztlich geht es auch in Ordnung, dass der Fokus eben auf Lia, Simon und Marcin bleibt.