Dein perfekter Einstieg in die Welt von Haruki Murakami: Diese Bücher solltest du zuerst lesen
Zart und verstörend, oft realistisch und surreal zugleich – ein Buch von Haruki Murakami, dem gegenwärtig wohl bekanntesten japanischen Autor, lässt sich nicht einfach so weglesen. Du wirst es erleben. Manchmal wirst du dabei in Welten vordringen, die du nicht ganz verstehst. Und trotzdem nie wieder verlassen möchtest.
Du interessierst dich für japanische Literatur, bist neugierig auf Murakamis Werk und möchtest wissen, welches Buch du zuerst lesen solltest? Oder ob eine bestimmte Reihenfolge sinnvoll sein könnte? Dann lies weiter und erfahre, warum ich dir für deinen Einstieg einen anderen Roman empfehle als viele andere Murakami-Fans.

Der beliebte All-time-Favourite: „Naokos Lächeln“

Als ich selbst mit Murakami starten wollte, waren die Empfehlungen sowohl in meinem persönlichen Umfeld als auch online eindeutig: „Naokos Lächeln“* sollte es sein, der Roman, auf den sich irgendwie alle einigen können.
Und ja: Dieses Buch gehört zweifellos zu Murakamis zugänglichsten Werken. Keine sprechenden Katzen oder myteriöse Vögel, keine Parallelwelten. Stattdessen eine poetische Geschichte über Liebe, Verlust und das Erwachsenwerden. Melancholisch, bewegend, im besten Sinne „relatable“ für viele.
Das kann für dich genau das Richtige sein, um dich Murakamis Welt langsam anzunähern – aber ich persönlich finde es schade, zum Einstieg auf den surrealen Touch und den magischen Realismus vieler seiner anderen Romane zu verzichten. Für mich ist es das, was Murakamis Bücher so besonders macht. Außerdem ist „Naokos Lächeln“ mit über 400 Seiten relativ lang – vielleicht bevorzugst du zum „Warmwerden“ mit Murakami ein etwas kürzeres Werk.
Fazit: Du machst nichts falsch, wenn du den zahlreichen Empfehlungen folgst und mit „Naokos Lächeln“ startest. Ich selbst rate dir aber zu zwei anderen Büchern zum Einstieg.
Meine Empfehlung: „Die Pilgerjahre des farblosen Herrn Tazaki“

„Die Pilgerjahre des farblosen Herrn Tazaki“* erzählt eine ruhige und fokussierte Geschichte – und ist zugleich typisch Murakami. Der titelgebende Herr Tazaki wurde von seinen Jugendfreunden, einer gemischten Clique, eines Tages ohne Erklärung plötzlich gemieden und hat auch viele Jahre später noch daran zu knabbern. Hier geht es um Freundschaft, Identität und die Frage, wie wir mit dem Schmerz umgehen, wenn wir uns ausgeschlossen und verlassen fühlen. Der Protagonist ist kein Held, sondern ein Suchender, und genau das macht ihn so nahbar.
Auch dieses Buch lädt ein, sich eigene Erinnerungen und Verluste ins Gedächtnis zu rufen. Das kann schön und schmerzhaft zugleich sein. Immer noch sehr realitätsnah, aber auch mit einigen wohldosierten Ausflügen in surreale Traumwelten, öffnet dieses Buch für mich perfekt das Tor zu Murakamis magisch anmutender Welt – ohne dass man es gleich ganz durchschreitet. Mit etwas über 300 Seiten ist es außerdem möglicherweise etwas leichter verdaulich als „Naokos Lächeln“.
Alternative: „Südlich der Grenze, westlich der Sonne“

Ein weiteres Buch, das ich für einen guten Einstieg halte, ist „Südlich der Grenze, westlich der Sonne“*, eine mit um die 220 Seiten eher kurze Geschichte über Sehnsucht, unerfüllte Träume und die Frage, was wäre wenn … oder was hätte sein können. In früherer Übersetzung auch als „Gefährliche Geliebte“ bekannt, löste dieses Buch im Jahr 2000 einen Eklat im „Literarischen Quartett“ aus – den ich an dieser Stelle nicht weiter erläutern oder gar bewerten werde, googeln sei aber sehr empfohlen. 😉 Ansonsten sollte sich jede*r sein eigenes Bild von dieser Geschichte machen. Übernatürlich ist hier auf den ersten Blick weniges – auf den zweiten aber vielleicht doch mehr, als man zuerst annimmt.
Weitere Wege in Murakamis Welt
Du kannst natürlich auch aufs Ganze gehen und ohne sanften Einstieg sofort voll in Murakamis Welt eintauchen – sei es bezüglich des Umfangs oder des Realitätsgrads oder beides. Dann könnte auch eines der im Folgenden genannten Bücher dein perfekter Start sein.

Für alle, die das Magische suchen: „Kafka am Strand“* – hier kommt sie, die bereits zitierte sprechende Katze, sowie noch viele weitere surreale Bilder, eingebettet in eine Coming-of-Age-Geschichte. Defnitiv ein Highlight in Murakamis Werk.

Für Leser:innen mit Geduld: „1Q84“* – ein episches dreiteiliges Werk, das einen über fast 1500 Seiten in seinen Bann zieht. Ein doppelter grüner Mond am Himmel, Parallelwelten und unheimliche Sekten sollten dich hierbei nicht abschrecken! Das Lesen dieses Buchs glich für mich dem Bingewatching einer spannenden Serie (trotz vollkommen anderer Story musste ich öfter an „Lost“ denken), und ich schwebte während dieser Zeit gefühlt selbst in einer anderen Sphäre. 😉

Für Fans komplexer und vielschichtiger Leseerlebnisse: „Die Chroniken des Aufziehvogels“* – ein ausladender Roman voller Geheimnisse, überraschender Wendungen und tiefgehender Reflexionen über das Leben, der Murakamis typische Mischung aus Melancholie, Rätselhaftigkeit und emotionaler Tiefe perfekt zeigt. Kann mit um die 1000 Seiten aber auch eine Herausforderung darstellen. (Achtung: Dieses Buch ist in einer früheren Übersetzung auch als „Mister Aufziehvogel“ erschienen. Ich empfehle unbedingt die Neuübersetzung der großartigen Ursula Gräfe!)


Und für Neugierige, die erst mal nur wenig Zeit investieren möchten: Murakami hat auch viele Kurzgeschichten geschrieben – zum Beispiel die Sammelbände „Von Männern, die keine Frauen haben“* und „Erste Person Singular“*, in denen man sich Murakamis typischem Stil in kleinen Dosen annähern kann.
Du hast gesehen: Viele Wege führen zu Murakami. Jede seiner Geschichten ist wie eine Tür, die in eine andere Stimmung führt: mal melancholisch und düster, mal surreal, mal poetisch. Es gibt zur Begegnung mit seinem Werk keinen Königsweg – nur den, der am besten zu dir passt. Dazu konnte ich dir mit diesem Beitrag hoffentlich ein paar Anregungen aus verschiedenen Perspektiven geben.
Am Ende gilt: Dein erster Murakami wird dich prägen. Und wenn du den Zugang in seine Welt gefunden hast, wirst du immer mehr Parallelen zu deinem eigenen Leben entdecken und dich schließlich womöglich, so wie ich, wie ein Best (oder Worst) of aus verschiedenen Murakami-Charakteren fühlen.
Was wird (oder war) dein erstes Murakami-Buch? Hinterlasse mir gerne unten einen Kommentar oder schreibe mir eine Nachricht.
Sieh dich gerne auch weiter auf meinem Blog um und lass dich auf der Suche nach neuem Lesestoff von meinen Rezensionen inspirieren oder teste dein Wissen in meinem Literatur-Quiz. 🙂