Eve Smith – Der letzte Weg (dt. von Beate Brammertz) (Rezension)

Buchcover Eve Smith Der letzte Weg
(Copyright: Heyne Verlag)

Erscheinungsdatum: 10.01.2022
(Heyne Verlag, 448 Seiten, ISBN 3453321693)

Erhältlich bei:

Inhalt

Im Großbritannien der nahen Zukunft hat eine Gesundheitskrise die Bevölkerung im Griff: Eine Vielzahl von Keimen ist antibiotikaresistent geworden, Menschen über 70 werden nicht mehr mit den wenigen noch wirksamen Medikamenten versorgt, um selbige zum einen für Jüngere vorzuhalten und zum anderen die Resistenzen nicht noch weiter zu fördern. Den über 70-Jährigen bleibt somit nichts anderes übrig, als auf den Tod zu warten oder eine Verfügung zur Sterbehilfe zu unterschreiben.

Überall wird ständig desinfiziert, tägliche Gesundheitschecks sind selbstverständlich, Menschen meiden den Kontakt zu Ü70-Jährigen aus Angst, sie könnten diese mit einem tödlichen Keim infizieren und von den Angehörigen/Hinterbliebenen dafür verklagt werden. Auch ist die gezielte Verbreitung neuer Bakterienstämme zur Terrorwaffe geworden.

Die Krankenschwester Kate gehört zu dem medizinischen Personal, das todkranken Patient*innen auf eigenen Wunsch tödliche Medikamentencocktails verabreicht und deshalb Anfeindungen von sog. „Pro Leben“-Aktivist*innen ausgesetzt ist. Ihre Teenager-Tochter Sasha kennt das Leben vor der sog. Großen Krise, in dem Umarmungen, Händeschütteln und Großveranstaltungen mit vielen Menschen zum Alltag gehörten, nur noch aus Filmen und Büchern. Nach dem Tod ihrer Adoptivmutter macht sich Kate auf die Suche nach ihrer leiblichen Mutter – und deckt Erschreckendes auf …

Meine Meinung

Ich war mir zuerst unschlüssig, ob ich ein Buch wie „Der letzte Weg“ in Zeiten einer Pandemie wirklich lesen möchte, auch wenn die hier beschriebene Gesundheitskrise etwas anderer Art ist – aber dass Antibiotikaresistenzen auch in der Realität auf dem Vormarsch sind, ist ja leider kein Geheimnis. Bereut habe ich die Lektüre dennoch nicht. Zwar erinnern wirklich manche Aspekte eher unangenehm an das, was wir zum Teil schon als unsere Gegenwart bezeichnen müssen – aber eben das ließ mich auch auf besondere Art in die Geschichte eintauchen und stellte eine Verbindung zu meinem eigenen Empfinden her, die es vor der Corona-Pandemie so wahrscheinlich noch nicht gegeben hätte.

Die Geschichte wird auf zwei Zeitebenen aus drei verschiedenen Perspektiven erzählt: Die bereits erwähnte Krankenschwester Kate sowie Lily, die Bewohnerin eines luxuriösen Pflegeheims, berichten aus der Gegenwart, die Forscherin Mary aus der Zeit vor der Großen Krise. Wie die drei miteinander verbunden sind, wird relativ schnell klar; dennoch möchte ich es hier nicht verraten, da zumindest eine „Enthüllung“ wahrscheinlich als Überraschungsmoment gedacht war, der sich bei mir allerdings leider nicht einstellte. 😉 Dafür gab es am Ende noch mal eine interessante Wendung, die ich nicht vorhergesehen hatte.

Das Buch war sehr gut und flüssig zu lesen, hätte für meine Begriffe hier und da aber ruhig noch etwas spannender sein können. Nach einem sehr packenden Start gab es für mich in der Mitte ein paar Längen – insbesondere in den Rückblicken auf Marys Leben -, während es dann am Ende noch mal richtig zur Sache ging. Wäre die Familiengeschichte einerseits also stellenweise etwas knackiger erzählt und andererseits vielleicht noch etwas mehr Hintergrund zu den medizinischen Zusammenhängen geliefert worden, hätte das Buch tatsächlich als Thriller durchgehen können – der Stoff gibt es definitiv her.

Thalia
(*)

Fazit

Vor der Corona-Pandemie hätte ich die Schreckensvision, die Eve Smith in diesem Roman entworfen hat, möglicherweise als Utopie bezeichnet. Das kann ich jetzt leider nicht mehr. „Der letzte Weg“ zeigt sicher nicht den einzig möglichen Weg auf, auf den wir zusteuern – aber realitätsfern ist er ganz klar ebenfalls nicht.

Man sollte sich vor dem Lesen dieses Buchs durchaus die Frage stellen, ob man sich derzeit tatsächlich in einem Unterhaltungsroman mit einer solchen Thematik befassen will. Wenn man sich darauf einlässt, wird man aber mit einer packenden Geschichte belohnt, die zum Nachdenken anregt und moralische Fragen aufwirft, die für niemanden leicht zu beantworten sein dürften.

Bewertung

(Danke an das Bloggerportal für die Bereitstellung des Rezensionsexemplars. Keine weitere Vergütung erhalten.)

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