Ronja von Wurmb-Seibel – Wie wir die Welt sehen (Rezension)

Buchcover Ronja von Wurmb-Seibel Wie wir die Welt sehen
(Copyright: Kösel-Verlag)

Erscheinungsdatum: 28.02.2022
(Kösel-Verlag, 240 Seiten, ISBN 3466347807)

Erhältlich bei:

Inhalt

Nachrichten sind überall um uns herum. Im Radio, im Fernsehen, auf unserem Smartphone. Wir können ihnen kaum entkommen. Aber wer entscheidet eigentlich nach welchen Kriterien, welche Ereignisse überhaupt eine Erwähnung in den Medien wert sind, welchen Einfluss haben Nachrichten auf uns, ohne dass es uns bewusst ist?

Ronja von Wurmb-Seibel, ihres Zeichens selbst Journalistin, erläutert, wie wir den Umgang mit Nachrichten selbst in die Hand nehmen können, statt uns dauerhaft von allen Seiten von ihnen berieseln zu lassen. Mit praktischen Übungen lädt sie zudem dazu ein, den eigenen Medienkonsum, aber auch das eigene Erzählverhalten zu reflektieren.

Meine Meinung

Dass die allermeisten Nachrichten, die in den Medien verbreitet werden, negativ sind, dürfte so gut wie jedem auch ohne längere Recherche auffallen. Und kaum jemand wird sich davon freisprechen können, dass seine Stimmung von Zeit zu Zeit von solchen Nachrichten beeinflusst wird – in den meisten Fällen logischerweise auch nicht gerade positiv. Angst, Wut, Traurigkeit und Hilflosigkeit sind nur einige der Emotionen, die durch negative Berichterstattung ausgelöst werden können – und sie sind in der Regel nicht die besten Ratgeber, wenn es darum geht, rationale Entscheidungen zu treffen. Sei es bei Wahlen, aber auch beim Kaufen oder dem Abschluss von Versicherungen.

Natürlich: Es passieren schlimme Dinge auf der Welt, tagein, tagaus. Die Autorin plädiert keineswegs dafür, davor die Augen zu verschließen, sondern zeigt stattdessen konstruktive Wege auf, sich bewusster mit den dazugehörigen Meldungen auseinanderzusetzen, als viele von uns es bisher getan haben dürften. Überzeugend erläutert sie, wie Nachrichten zum Beispiel unsere Sicht auf Menschen(gruppen) verzerren. Besonders interessant fand ich ihren Blickwinkel vor dem Hintergrund der Tatsache, dass sie einige Jahre in Kabul gelebt und – wieder zurück in Deutschland – einen jungen geflüchteten Afghanen als Pflegesohn bei sich aufgenommen hat. Die erfolgreiche Integration Geflüchteter sieht sie nicht als Ausnahmefall, sondern eher als Regel – die Medien hingegen zeichnen meist ein ganz anderes Bild, indem sie sich auf die (vergleichsweise) wenigen Extremfälle aus der anderen Richtung fokussieren. Das ist natürlich nur ein Beispiel von vielen.

Statt aber nur allgemein „die Medien“ oder Journalist*innen zu kritisieren, führt Ronja von Wurmb-Seibel auch an, wie jede*r von uns im Kleinen damit anfangen kann, positive Geschichten zu verbreiten. Ich fühlte mich beim Lesen durchaus das eine oder andere Mal ertappt, als es darum ging, dass man Freund*innen oder Familienmitgliedern oftmals hauptsächlich erzählt, worüber man sich geärgert hat oder was einen traurig macht, statt zu erwähnen, was gerade im eigenen Leben gut läuft. Auch hier gilt: Natürlich darf sich jeder mal „auskotzen“, aber warum nicht auch öfter bewusst Schönes teilen?

Zu guter Letzt ist das Buch außerdem ein Appell, ins Handeln zu kommen und sich nicht davon entmutigen zu lassen, dass scheinbar sowieso alles hoffnungslos ist und man als Einzelperson ohnehin nichts ausrichten kann. Vielleicht geht es allein tatsächlich nicht, aber aus einzelnen Personen können Gruppen werden, die sich durchaus Gehör verschaffen können. Nicht von heute auf morgen, aber langsam und stetig kann sich die Welt damit zum Positiven verändern – und damit vielleicht auch irgendwann die Geschichten, die wir uns erzählen und die medial verbreitet werden.

Thalia
(*)

Fazit

„Wie wir die Welt sehen“ ist das richtige Buch zur richtigen Zeit – das habe ich schon beim Lesen des Klappentextes gedacht. Zwei Jahre Pandemie, deren Ende nach wie vor nicht in Sicht ist, der erste Angriffskrieg in Europa seit rund 80 Jahren, dazu und zu allen möglichen anderen Themen „dank“ des Internets eine Informationsflut, deren Wahrheitsgehalt nicht immer leicht einzuschätzen ist – wann wäre ein besserer Zeitpunkt, sich mit dem eigenen Konsum von Nachrichten auseinanderzusetzen, als jetzt?

Meine aus diesem Grunde recht hohen Erwartungen wurden nicht enttäuscht. Ich fand viele interessante Denkanstöße weg von der allgemein vorherrschenden Destruktivität hin zur Konstruktivität – und mich hat Ronja von Wurmb-Seibel damit vollauf überzeugt. Ich kann das Buch besonders in der heutigen Zeit tatsächlich jedem empfehlen.

Bewertung

(Danke an das Bloggerportal für die Bereitstellung des Rezensionsexemplars. Keine weitere Vergütung erhalten.)

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