Melanie Metzenthin – Zum Schweigen verdammt (Rezension)
Erscheinungsdatum: 25.07.2023
(Tinte & Feder, 352 Seiten, ISBN 978- 978-2496711042)
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Inhalt
1953: Der junge Journalist Eddy McLaine und sein Freund Bruno Matthiesen reisen in einem umgebauten VW-Bus für eine Reportage in den Iran. Offiziell begleitet Bruno Eddy als Fotograf – tatsächlich sind die beiden ein Paar, was sie zur damaligen Zeit, in der Homosexualität noch unter Strafe steht, geheim halten müssen. Der Roadtrip bietet ihnen die Chance auf ungestörte Zweisamkeit sowie viele interessante Begegnungen und spannende Erlebnisse: Der Iran befindet sich in einer politischen Umbruchphase, und durch eine Person aus Eddys Vergangenheit landen sogar er und Bruno schließlich im Visier der Geheimdienste verschiedener Großmächte …
Meine Meinung
Ich habe mit großer Begeisterung bereits mehrere andere Bücher von Melanie Metzenthin gelesen, insbesondere die „Hafenschwester“-Trilogie, deswegen war ich sehr neugierig auf ihr neuestes Werk. „Zum Schweigen verdammt“ ist ebenfalls Teil einer Reihe, knüpft im Gegensatz zur „Hafenschwester“ aber eher lose an die vorausgehenden Bände an und kann problemlos auch unabhängig davon gelesen werden.
Zugegeben: Die Thematik hat mich diesmal im Vorfeld nicht ganz so sehr interessiert wie die der anderen Romane, die alle in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts in Deutschland spielen und insbesondere von den beiden Weltkriegen und deren Auswirkungen handeln. Auch 1953 war der 2. Weltkrieg natürlich noch nicht lange her und die Machtspiele der westlichen und sowjetischen „Blöcke“ spielen auch in diesem Roman eine zentrale Rolle. Allerdings ist der Schauplatz Iran naturgemäß nicht ganz so sehr in meinem Bewusstsein verankert wie das ehemals geteilte Deutschland.
In den 1950er Jahren war der Iran noch ein weltoffener toleranter Staat – also ganz anders, als wir ihn heute kennen. Was den Grundstein für diesen Wandel legte und welche Rolle dabei der Kalte Krieg spielte, war mir nicht geläufig und ich wollte mich durchaus auf diese Thematik einlassen.
Leider gelang mir das nur bedingt. An vielen Stellen fühlte ich mich eher an ein Geschichtsbuch als an einen Roman erinnert. Ich verstehe durchaus das Ansinnen dahinter: Da die politischen Zusammenhänge der damaligen Ereignisse im Iran nicht nur mir, sondern sicher auch vielen anderen Leser*innen nicht unbedingt bekannt sind, müssen sie zum besseren Verständnis und zur Einordnung ausführlich erläutert werden. Die dahinter steckende Recherchearbeit ist bewundernswert, mir waren es allerdings zu viele Erklärungen, die den diversen Figuren in den Mund gelegt wurden. Es fiel mir nicht immer leicht, allen Verstrickungen gedanklich zu folgen.
Ich hätte mir einen stärkeren Fokus auf Eddy und Bruno und ihre Beziehung gewünscht; stattdessen wirkten sie auf mich wie zwei Statisten, die eher zufällig in die Szenerie hineingeraten, in der sie sich plötzlich wiederfinden. Obwohl mir die beiden sehr sympathisch waren, habe ich dennoch nicht alle ihrer Handlungen verstanden und fand auch den Zusammenhang zu der bereits erwähnten Person aus Eddys Vergangenheit nicht ganz schlüssig – hierzu kann ich aber an dieser Stelle nicht zu viel verraten.
Gefallen hat mir einmal mehr trotzdem die mitreißende Erzählweise der Autorin, und zum Ende hin wurde es auch durchaus noch mal spannend – zurück blieb bei mir aber dennoch ein durchwachsener Gesamteindruck.
Fazit
Leider konnte mich „Zum Schweigen verdammt“ nicht so sehr erreichen wie viele andere Bücher von Melanie Metzenthin. Am Ende lag es wahrscheinlich an der Thematik, die mich trotz offener Herangehensweise in der vermittelten Ausführlichkeit dann doch nicht so sehr interessierte, und an den beiden für meine Begriffe eher schwach ausgearbeiteten Protagonisten. Dennoch habe ich in diesem Roman sehr gerne auch weitere Figuren aus den Vorgängerbänden „Im Lautlosen“ sowie „Die Stimmlosen“ „wiedergetroffen“ – auch wenn ich diese wesentlich stärker erzählt und umgesetzt fand und für den Einstieg in das Werk von Melanie Metzenthin auch eher empfehlen würde.
(Danke an Tinte & Feder und Netgalley für die Bereitstellung des Rezensionsexemplars. Keine weitere Vergütung erhalten.)